Erfunden

Loch im Tag

Ich habe ein Loch im Tag.
Seit ein paar Jahren ist in jeden Tag
ein völlig rundes Loch gestanzt.
Es wird nicht größer und auch nicht kleiner.
Ich beschatte den Rand, aber er franst nicht aus.
Darin ist tiefe Schwärze mit einigen Konturen.
Du denkst, es hätte einen Namen? Nein, so einfach ist das nicht.
Eigenartig: Das Loch kommt völlig überraschend. Es kündigt sich nicht an.
Der Alltag hetzt im Schweinsgalopp und plötzlich tut sich´s auf -
seitwärts der Spur: morgens oder mittags oder abends.
Da darf´s jedoch kein Loch geben. Ich habe keine Zeit für Löcher.
Alles ist gut. Alles wie besprochen. Königskinder.Müssen. Glücklich. Sein. Jeder. Für. Sich. Das ist Leben aus erster Hand.

Loch verfüllen? Dazu müsste ich die mir Zeit stehlen.
Wenn ich sagen wir um ein Uhr aufsteh´und bis sagen wir um drei Uhr schreibe,
könnte sich das Loch verfüllen.
Ich bin ein schneller Schreiber. Nie zufrieden aber schnell getan.
In diesem Guniversum gilt: Schreiben heißt Leben aus zweiter Hand.
Ich habe Acrylatfarben gekauft.
Ich habe eine Tube aufgeschraubt: riecht auch nach zwanzig Jahren familär.
Die Keilrahmen sehen weiß am besten aus.
Auf dem Tischtuch rascheln die Entwürfe.
Erneut ein Dutzend Gründe, mir die Zeit zu stehlen.
Wenn ich also sagen wir um drei Uhr aufsteh´und sagen wir bis fünf Uhr male,
könnte sich das Loch verfüllen;
ich bin ein schneller Maler. Nie zufrieden aber schnell getan.
Doch auch in diesem Guniversum gilt: Malen heißt Leben aus zweiter Hand.

Ich könnte ja auch ein anderes Leben leben,
sagen wir, gar nicht aufstehen oder früher als sonst.
Gar nicht zum Alltag gehen, warten bis er zu mir kommt.
Dazu müsste ich `ne Menge Zeit mir stehlen.
Ich wäre ein schneller Leber. Nie zufrieden aber schnell gelebt.
Ach, ich fürchte, dann wäre doch bald alles Loch!
Denn auch in diesem Guniversum gilt: Selbst Leben heißt Leben aus zweiter Hand.
Ich könnt´ ja mal `ne andere lieben nur so zum Zeitvertreib.
Keine Königstochter.
Doch dazu müsste ich noch mehr als eine Menge Zeit mir stehlen.
Ich müsste ein schneller Liebhaber sein. Nie zufrieden aber schnell fertig.
Doch auch in diesem Guniversum gilt: Andere lieben heißt lieben aus zweiter Hand.
Ich könnte ja zur Abwechslung mich selbst mal lieben.
Dazu brauche ich fast keine Zeit mir stehlen.
Ich würde mir ein schneller Liebhaber sein. Nie zufrieden aber schnell fertig.
Doch auch in diesem Guniversum gilt: Selbst lieben heißt lieben aus zweiter Hand.
Wir hatten mal einen Golf aus zweiter Hand,
der lebte dreihundertdreissigtausend Kilometer - mit der ersten Maschine!

Glas

la

...Der Mann hat endlich begriffen, daß man die Tür aufziehen musst, wenn da "Ziehen" steht und tritt ein. Ein breites Lächeln macht mir Lust auf das Saugen an seinen weißen Eckzähnen. "Hallo, schöne Frau" tönt es mild aus dem Grinsen. Das linke Auge schielt dabei leicht und errinnert mich an einen kleinen Spaniel. "Was kann ich für Sie tun?" Ich muss dabei schlucken, bevor ich diesen einfachen Fragesatz an den Mann bringe und sein junges Gesicht verzieht sich prompt noch weiter in Richtung der etwas blumenkohligen Ohren. "Tja, was könntest Du für mich tun?" Seine Augen kriechen an mir herum, als sieht er die Antwort bereits vor sich weit ausgebreitet und nackt auf dem Schreibtisch liegen. Ich hätte mir gern irgendwas über die Kopf gezogen um die purpurne Färbung, die mein Gesicht dem Brennen nach angenommen hat, zu verbergen. Gleichzeitig füllt eine wunderbar unerträgliche Hitze meinen Körper vom Unterleib her...
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Eiscafé

mall...Die Fußgängerzone empfing ihn nicht, als hätte sie jemanden vermisst. Er verzichtete darauf, jene zu grüßen, die seinem Blick länger als ein paar Sekunden standhielten, schaute jedoch den Entgegenkommenden eine Spur länger ins Gesicht als gewöhnlich.
Das Leder ihrer Jacken hatte elektrische Eigenschaften: wenn sie Passanten auswichen, spürte er die Berührung mit ihr direkt auf seiner Haut. Die Stadt war mit Menschen ausgestopft. Sie konnten nicht untergehakt gehen und auch ihre Finger lösten sich nach kurzer Zeit wieder voneinander. Er bedachte sie regelmäßig mit Seitenblicken, vermied aber den Blickkontakt.
Dünne Schatten rannen aus dem Waschbeton der Blumenkübel, die nur noch mit Biomasse gefüllt waren. Es roch nach Friedhof. Die blasse Sonnenscheibe kletterte durch eine Baulücke. Schleierbewölkung in den Farben Eierschale und Caramel verhinderte, das ihm die Augen schmerzten, als er für Sekunden hinstarrt, so, als sei es das letzte Mal....
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